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Leserbrief „Altwiesloch“ / Reaktion auf Herrn Bajohrs Brief (18.10.11)

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Leserbrief „Altwiesloch“ / Reaktion auf Herrn Bajohrs Brief (18.10.11)

19. Oktober 2011

Angriffe gegen move in einem Leserbrief beantwortet move-Sprecher Wolfgang Widder mit Richtigstellungen und Kommentaren. Mehr

  • RNZ 19Okt2011 Richtigstellungen und Kommentare Leserbrief von Wolfgang Widder
  • RNZ 18Okt Kleine Rechenaufgabe Leserbrief von Siegfried Bajohr
  • Thema: Verkehr in Altwiesloch:
    Von Schöngeist zu Oberlehrer: Ein paar Korrekturen müssen sein, Herr Bajohr!

    Als ich mir vor Jahren in der Anfangsphase von move nachts um halb drei mit Herrn Bajohr senior an der Dielheimer Straße die LKW-Fahrten vor Augen (und Ohren) führte, hat das meine persönliche Motivation, einen kleinen Beitrag zur möglichst baldigen Entlastung Altwieslochs zu leisten ebenso erhöht wie unsere vielfachen morgendlichen Verkehrszählungen – die nicht zuletzt erleben ließen, welche krankmachenden Abgasbelastungen für Fußgänger, Radfahrer, Anwohner (vor allem) der morgendliche Stop-and-Go-Verkehr produziert. Herr Bajohr junior zitiert mich nun in seinem letzten Leserbrief, greift auch move an – dazu einige Richtigstellungen und Kommentare.

    Der Reihe nach:

    Bei aller Problematik einer zähen, holprigen, teilweise irreführenden Diskussion um den umstrittenen Versuch einer Pförtnerampel: mit ihr soll getestet werden, ob es gelingt, den morgendlichen Stop-and-go-Verkehr aus Altwiesloch wenigstens zum Teil rauszukriegen. Dass die Altwieslocher nicht zu erkennen scheinen, dass das ein sinnvolles Experiment ist, in ihrem Interesse, bleibt mir ein Rätsel. Vor allem: Hier könnte, im Erfolgsfall, sofort für die jetzt und in den nächsten Jahren hier Lebenden eine Belastung verringert werden. Die Kosten sind natürlich bedeutsam (übrigens für die Stadt Wiesloch nicht viel weniger wie die move-Etats für die Jahre 2008-2010) – der Eigenanteil einer etwaigen Umgehungsstraße für Wiesloch, das wird gerne unter den Tisch gekehrt, läge übrigens im niedrigen Millionenbereich.

    Jetzt nochmals zu den Verkehrszählungen:

    Wir haben bei den vielfachen morgendlichen move-Zählungen keine Steigerung festgestellt. Von einem Absinken wurde nicht gesprochen. Die Methoden, die zur Hochrechnung der täglich 23000 Fahrzeuge (in 2006) führen, sind andere als die der videogestützten NABU/VCD-Zählung vom September 2009, diese 24-Stunden-Zählung erbrachte ca. 21.000 Fahrzeuge – das halte ich für eine belastbare Zahl. Das ändert ja nichts daran, dass es sich um eine viel zu hohe Belastung handelt – aber immerhin berechtigt es zu Zweifeln an alten 25000-30000er Prognosen.

    Zum Fachmarktzentrum: Jedem ist klar, dass hierdurch auch neuer, nicht leicht zu steuernder Verkehr entsteht. Aber jedem ist auch klar, dass ein innenstadtnahes Zentrum dieser Art – sieht man das Ganze – insgesamt Auto-Verkehr eher reduziert. Denn einige Hundert Kunden und Mitarbeiter mehr (wenn auch vielleicht gerade nicht aus Baiertal kommende) werden tatsächlich zu Fuss oder mit dem Rad zum Einkaufen gehen können!

    Und dann doch noch die Umfahrungsthematik: Wer, Herr Bajohr, hat je behauptet, dass eine solche Neubaustrecke keine Entlastung für Altwiesloch brächte? Ich jedenfalls nicht. Nur: Im Ganzen bringen Umfahrungen eher mehr Verkehr in die Regionen (weil der Durchfluss, etwa vom Neckartal quer rüber in den Süden, erleichtert wird) und, vor allem, egal bei welcher Variante, Erholungsmöglichkeiten für alle Wieslocher würden verringert, man würde zum Spazierengehen noch häufiger das Auto nehmen, um nicht zwischen Straßen unterwegs zu sein. Das ist einfach eine vertrackte Situation, bei einer Güterabwägung kommen auch vernünftige Leute eben zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Jetzt hat der Wieslocher Gemeinderat vor eineinhalb Jahren entschieden. Das gilt erstmal. Wer am vergangenen Donnerstag in Heidelberg dem neuen Verkehrsminister zuhörte, der sollte auch einschätzen können, dass sich, selbst bei einem gegenläufigen Wieslocher Beschluss, die Chancen sehr, sehr gering sind. Also gilt es umso mehr, andere Mittel zu prüfen!

    Zum Schluss noch etwas für Kopfrechner (seien es auch keine Oberlehrer): Herr Bajohr rechnet ja vor, dass 10000 Fahrzeuge 10000 Personen befördern. Zum Glück ist er da etwas zu pessimistisch. Zwischen 7 und 8 am Morgen sind es etwa 1,3 Personen, die im Schnitt in jedem Fahrzeug sitzen, den Rest des Tags rund 1,1 Personen. Das ergaben die move-Zählungen. Genau darauf beruhte die (zugegeben nicht wirklich erfolgreiche) move-Strategie, mehr Menschen zu zeitweisen, streckenbezogenen Fahrgemeinschaften zu bewegen, die Zusteiger-Mitnahme. Würden nämlich statt 1,3 morgens 1,5 Menschen im Schnitt in einem Fahrzeug sitzen, hätte Altwiesloch keinen Bedarf an einer Pförtner-Ampel, der (immer noch heftige) Verkehr würde fließen. Mit „flinc“, das move unterstützt (www.flinc.org) gibt es nun einen weiteren Anlauf, auf diesem Weg etwas Sinnvolles zu tun. Auch die Firma SAP hat übrigens ein entsprechendes System etabliert, „Two Go“, das Autofahrten dadurch reduzieren soll, dass mehr Menschen pro Auto unterwegs sind. Aber das sind halt alles „Schöngeister“-Ideen! Damit sie sich durchsetzen, müssen Fahrgemeinschaften, gut besetzte Autos handfeste Vorteile bekommen. Dafür wäre sich einzusetzen, gerne auch mit mehr Altwieslocher Beteiligung.

    Leider keine Resonanz fand übrigens mein Ende letzten Jahres gemachter Vorschlag, wenigstens mit einigen autofreien Sonntagen (und einigem Drumherum) in den nächsten Jahren etwas für Altwieslochs Lebensqualität zu tun. Schade.

    Wolfgang Widder, move-Sprecher, Tel.: 06222 50144